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farbe - licht - bewegung
un moment - en passant

Betritt man einen Raum mit Objekten von Rosali Schweizer, so betritt man eine magische Welt – eine Welt bestehend aus Licht, Farbe und Bewegung. Sogleich zieht sie einen in ihren Bann: verzaubert, beruhigt, überrascht und inspiriert. Ein Lufthauch sowie ein Lichtstrahl genügen und die fragilen Konstrukte beginnen ihre Umgebung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu spiegeln, auftreffendes Licht als tanzende Farbflecken zurück auf Wand, Decke und Boden zu werfen – dann wird es richtig laut. Doch es geht auch ganz still: ruhig und fast unbewegt scheinen dann Rechtecke, Quadrate oder Kreise im Raum zu schweben; mal dreht sich eines – fast schon verschämt – um sich selbst, den Betrachter im Unklaren lassend, welcher Luftzug dafür verantwortlich gewesen und von wo er gekommen sein könnte.

Diese Unvorhersagbarkeit, die so gar nicht mehr zu der heute weitverbreiteten Praxis der völligen Kontrolle passen will, ist bedingt durch die Leichtigkeit des Materials, der sich die Künstlerin schon während des Studiums der Metallbildhauerei an der Kunsthochschule Kassel verschrieben hat. Zwar drängte ihr Lehrer Eberhard Fiebig, Schöpfer meterhoher, tonnenschwerer Skulpturen aus gefaltetem Stahlblech, sie stets zu einem ähnlichen Umgang mit dem Eisen. Doch Rosali Schweizer diskutierte, stritt sich und begehrte auf, denn sie wollte etwas Anderes, wollte keine schweren, sondern leichte Dinge machen.

Und so widmete sie sich zunächst dem – in der industriellen Verwendung damals noch neuen – Material Titan, das durch seine besondere Festigkeit auch in dünnsten Schichten überzeugt. Darüber hinaus führt ein spezielles Oxidationsverfahren je nach Materialdicke zu unterschiedlichen Lichtbrechungen, die die Oberfläche von Gold über verschiedenste Blauund Orangetöne bis hin zu Grün changieren lassen. Aus diesem Material sägte Rosali Schweizer– damals noch mit der Hand – feinste Formen aus; es entstanden erste filigrane Metallobjekte mit dynamisch, geschwungener Form.

Gleichzeitig bewegte die Künstlerin aber ein anderes Thema, nämlich das der „fliegenden Bilder“ (Rosali Schweizer), und so besuchte sie an der Hochschule parallel die Klasse für Film. Hier eignete sie sich das nötige Rüstzeug für ihre erste Karriere als Filmemacherin an, die 1993 in der mehrfach preisgekrönten Dokumentation über einen sardischen Musiker und sein außergewöhnliches Instrument ihren Höhepunkt fand.

Doch das Handwerkliche, Solide, der Umgang mit dem festen Material und das Ringen um die Form ließen sie nie wirklich los. Deshalb verbrachte sie mehr und mehr Zeit im Atelier, auf der Suche nach einer Synthese aus bewegten Bildern, reiner Farbe – der sie beim Malen seit jeher nachspürte – und dem Metall mit seinen vielfältigen Möglichkeiten. Herausgekommen sind dabei jene Objekte, die schon zum Markenzeichen von Rosali Schweizer geworden sind: Windskulpturen und kinetische Objekte.

Es drängen sich Assoziationen mit Werken Alexander Calders, dem großen Meister der Mobiles, oder den im Raum hängenden Objekten Alexander Rodtschenkos auf, die bereits in den 1920/30er entstanden sind. Doch während sie noch Eisendraht, Holz und opake Farben zur Gestaltung verwendeten, schafft Rosali Schweizer – mithilfe moderner Materialien – etwas völlig Neues: Indem sie dünnste Stahlstäbe und -drähte mit geometrischen Formen aus leichtem, transparentem Acrylglas kombiniert, entstehen beinahe schwerelos wirkende Objekte. Auftreffende Lichtstrahlen werden von ihnen unterschiedlich gebrochen und durch die Bewegung der einzelnen Teile in verschiedenste Richtungen reflektiert. Raum und Zeit verschmelzen mit dem Licht zu einer Einheit, wodurch die Werke eine beinahe hypnotische Wirkung entfalten.

Die wichtige Rolle des Licht in den Arbeiten erlaubt, Bezüge zu den Farb-Licht-Experimenten der Bauhauskünstler Kurt Schwerdtfeger und Ludwig Hirschfeld-Mack Mitte der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts herzustellen. Deren Höhepunkt bildeten die sogenannten „Reflektorischen Farbenlichtspiele“, die in den 2000er Jahren rekonstruiert und wiederaufgeführt wurden. Farbige Lichtquellen durch geometrische Schablonen auf transparente Leinwand projiziert, sollten bei den Betrachtern Gefühle unterschiedlichster Art hervorrufen. Genau dies bewirken auch Rosali Schweizers Werke: Die evozierten Emotionen reichen dabei von unbändiger Freude und grenzenloser Leichtigkeit bis hin zu leiser Melancholie und einem Hauch von Traurigkeit.

Doch auch bei diffuser Beleuchtung funktionieren die Objekte, im großen wie im kleinen Maßstab, einwandfrei: Reibungsarm montierte, bunt leuchtende Elemente – mal eckig, mal rund, zur großen Form geordnet oder auch unregelmäßig aneinandergereiht – verändern beim leichtesten Luftzug ihre Erscheinung; Kanten verlaufen einen Augenblick lang parallel, nur um sich im nächsten Moment schon wieder zu überkreuzen, Farbflächen überschneiden sich. So entstehen, ganz dem Zufall überlassen, immer neue Gebilde und Farbeindrücke, die ein Sich-Einlassen erfordern, zum Ruhig-Werden und In-Sich-Gehen auffordern, ja selbst im beiläufigen Vorübergehen neue Perspektiven eröffnen und vielleicht sogar ein Um- oder Neudenken nach sich ziehen.

Martina Neumair